Mehr Wert, weniger Risiko: ESG klug nutzen

Wie die richtige ESG-Zertifizierung den Immobilienwert steigert

June 29, 20255 min read

Worum es wirklich geht

Lange galt ESG in der Immobilienwirtschaft als ein Thema für Konzerne und institutionelle Investoren. Heute ist klar: Auch kleinere und mittlere Bestandshalter kommen nicht mehr daran vorbei – und nicht nur, weil es regulatorisch notwendig wird. Denn ESG-Zertifizierungen haben das Potenzial, den Immobilienwert messbar zu steigern, die Refinanzierung zu verbessern und strategische Vorteile am Markt zu sichern.

Dieser Beitrag zeigt, wie die richtige Auswahl und Anwendung von ESG-Zertifizierungen nicht nur Pflichten erfüllt, sondern Werte schafft – ökonomisch, strategisch und kommunikativ. Und er zeigt, worauf Entscheider achten sollten, damit Aufwand und Wirkung in einem sinnvollen Verhältnis stehen.

Warum ESG-Zertifizierungen immer wichtiger werden

Der Druck auf die Branche wächst: Die EU-Taxonomie, das Lieferkettengesetz, die Offenlegungsverordnung und nicht zuletzt die Erwartungen von Finanzierungs- und Geschäftspartnern verändern die Spielregeln. Immobiliengesellschaften, die ESG-Themen ignorieren oder halbherzig angehen, sehen sich zunehmend mit Risiken konfrontiert:

  • schlechtere Finanzierungskonditionen

  • Bewertungsabschläge bei Transaktionen

  • geringere Marktakzeptanz bei Investoren, Kommunen oder Mietern

Zertifizierungen wie DGNB, BREEAM, LEED, ECORE oder GRESB bieten hier einen objektivierten Rahmen, um Nachhaltigkeitsleistung messbar, vergleichbar und bewertbar zu machen. Sie dienen nicht nur der internen Steuerung, sondern fungieren als kommunikatives Signal an den Markt: Dieses Gebäude ist zukunftsfähig.

Wertsteigerung durch Transparenz und Risikominimierung

Immobilienwert entsteht nicht nur durch Lage und Substanz – sondern auch durch Risikoeinschätzung. Ein Gebäude, dessen Nachhaltigkeitsperformance belegt und nachgewiesen ist, gilt als zukunftsfester. Das reduziert Bewertungsabschläge und erhöht das Vertrauen bei Banken und Investoren.

Eine gut dokumentierte ESG-Strategie – idealerweise gestützt durch eine Zertifizierung – minimiert nicht nur regulatorische Risiken, sondern kann auch direkten Einfluss auf die Bewertung nehmen:

  • Green Premium: Investoren zahlen höhere Preise für ESG-konforme Assets

  • Brown Discount: Gebäude mit schlechter ESG-Leistung verlieren an Marktwert

  • ESG als Refinanzierungsfaktor: Banken gewähren bessere Konditionen für zertifizierte Objekte

Das Prinzip ist einfach: Was sichtbar und nachvollziehbar ist, ist auch besser verhandelbar.

Welche Zertifizierungen für welchen Zweck?

Die Zahl der Zertifikate ist groß – und nicht jedes passt zu jedem Portfolio. Eine Übersicht:

  • DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen): Sehr etabliert in Deutschland, geeignet für Neubau, Bestand und Quartiere. Besonders differenziert und technisch tief.

  • BREEAM: Britisches System, international anerkannt, oft bei Gewerbeimmobilien im Einsatz.

  • LEED: Vor allem im angelsächsischen Raum verbreitet, häufig im Büro- und Hotelbereich.

  • ECORE: Speziell für Wohnimmobilienportfolios entwickelt. Bietet einen pragmatischen Einstieg für mittelgroße Bestandshalter.

  • GRESB: Relevant für Investoren und Fonds. Bewertet Portfolios in Bezug auf ESG-Strategie, Performance und Risikomanagement.

Die Wahl des Systems hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Zielgruppe: Soll die Zertifizierung intern steuern oder extern kommunizieren?

  • Immobilientyp: Wohnimmobilien benötigen andere Schwerpunkte als Gewerbeportfolios.

  • Ressourcen: Wie viel Personal, Daten und Budget stehen zur Verfügung?

Die richtige Entscheidung bedeutet: ein Zertifikat, das zur Organisation passt – nicht nur zur Immobilie.

Praxisbeispiel: ESG-Zertifizierung als Katalysator

Ein mittelgroßes Wohnungsunternehmen mit 15 Gebäuden in drei deutschen Städten entschied sich 2022 für die Einführung des ECORE-Standards. Die Motivation: steigende Anforderungen der finanzierenden Bank und wachsender interner Druck, die energetischen Sanierungen strategischer zu steuern.

Der Prozess begann mit einer Portfolioanalyse: Verbrauchsdaten, Baujahre, technische Ausstattung, Leerstände. Schnell wurde klar: 40 % der Emissionen entfallen auf fünf Gebäude. Durch gezielte Maßnahmen – neue Steuerungstechnik, Dämmung, Umrüstung auf Wärmepumpe – konnten die ESG-Werte der Objekte erheblich verbessert werden.

Parallel wurde der ECORE-Score dokumentiert, ein Nachhaltigkeitsbericht erstellt und mit der Bank kommuniziert. Ergebnis:

  • Verbesserung des Finanzierungsspreads

  • interne Priorisierung von Sanierungsmaßnahmen anhand ESG-Potenzial

  • höhere Nachfrage bei Wohnungsneuvermietungen in sanierten Objekten

Fazit: Die Zertifizierung war nicht das Ziel – sondern das Werkzeug. Sie half dabei, strukturiert vorzugehen, Fördermittel gezielt zu nutzen und mit Investoren auf Augenhöhe zu kommunizieren.

Was Zertifizierungen nicht leisten – und warum sie trotzdem lohnen

Natürlich ist eine ESG-Zertifizierung kein Allheilmittel. Sie ersetzt keine energetische Sanierung, keine Sozialstrategie, keine Governance-Verbesserung. Aber sie bündelt, priorisiert und verleiht Sichtbarkeit. Genau das macht sie zu einem wertvollen Managementinstrument.

Wichtig ist: Eine Zertifizierung ist nur so gut wie ihr Fundament. Ohne belastbare Daten, ohne klares Ziel und ohne interne Akzeptanz wird sie schnell zum Selbstzweck – oder gar zum Reputationsrisiko.

Daher sollten ESG-Zertifizierungen immer als Baustein einer ganzheitlichen Immobilienstrategie verstanden werden – nie als isoliertes Etikett.

Vorteile für kleinere Wohnungsunternehmen – auch ohne ESG-Team

Oft hören wir: „Das ist zu komplex für uns.“ Doch gerade kleinere Genossenschaften oder Immobiliengesellschaften mit weniger als 50 Mitarbeitenden profitieren von klar strukturierten ESG-Rahmenwerken. Warum?

  • Sie schaffen Orientierung in der Komplexität.

  • Sie machen bestehende Maßnahmen sichtbar (z. B. Barrierefreiheit, Quartierskonzepte, Energiemanagement).

  • Sie ermöglichen Zugänge zu Fördermitteln und Investoren, die zunehmend ESG-Kriterien anlegen.

Mit dem richtigen Partner – sei es ein externer Berater oder ein abgestimmter Zertifizierungsstandard – lässt sich auch mit schlanken Ressourcen ein hoher strategischer Effekt erzielen.

Checkliste: Wann lohnt sich eine ESG-Zertifizierung?

 Sie planen mittelfristige energetische Sanierungen?
Sie möchten bessere Kreditkonditionen verhandeln?
Sie arbeiten mit Investoren oder institutionellen Partnern zusammen?
Sie wollen Leerstände abbauen oder Mieterbindung verbessern?
Sie benötigen ein internes Steuerungsinstrument für ESG?

Wenn Sie eine oder mehrere Fragen mit Ja beantworten, sollten Sie prüfen, ob ein ESG-Zertifikat Teil Ihrer Strategie werden kann.

Fazit: ESG-Zertifizierungen sind keine Pflicht – sie sind ein Hebel

Wer ESG als Pflichtaufgabe sieht, denkt zu kurz. ESG-Zertifizierungen können ein entscheidender Hebel sein: für Wertsteigerung, Risikominimierung, Förderfähigkeit und Reputation. Entscheidend ist nicht, dass zertifiziert wird – sondern wie, mit welchem Ziel, und mit welchem strategischen Ansatz.

Gerade in einem Markt, der volatiler und anspruchsvoller wird, sind belastbare Standards ein Wettbewerbsvorteil. Nicht für alle – aber für die, die bereit sind, ESG als Teil ihres Kerngeschäfts zu begreifen.

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Bei den ESG-Experts fasziniert mich alles rund um Nachhaltigkeit für Immobilien.

Markus Schiemann

Bei den ESG-Experts fasziniert mich alles rund um Nachhaltigkeit für Immobilien.

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