
Photovoltaik richtig planen: Die optimale Dimensionierung von PV-Anlagen
Die Frage nach der richtigen Größe einer PV-Anlage scheint auf den ersten Blick banal. Wer Fläche hat, belegt sie – wer Kapital hat, investiert. Doch genau hier liegt ein strategischer Denkfehler, der Immobilienunternehmen jährlich Millionen kosten kann: Denn nicht die maximale Modulanzahl entscheidet über den wirtschaftlichen Erfolg, sondern die präzise Abstimmung auf den tatsächlichen Energiebedarf und das Nutzungsprofil der Immobilie.
Besonders in Portfolios mit mehr als fünf Gebäuden, in Wohnanlagen mit zehn oder mehr Einheiten oder im gewerblichen Bestand mit wechselnden Verbrauchslasten ist die richtige Dimensionierung der Photovoltaikanlage keine technische Nebensache – sondern ein zentrales Steuerungsinstrument. Sie beeinflusst nicht nur Investitionskosten und Amortisationsdauer, sondern auch Betriebskosten, CO₂-Bilanzen und ESG-Ratings.
Es wird Zeit, mit einem verbreiteten Irrglauben aufzuräumen: Größer ist nicht automatisch besser. In Wahrheit liegt die ideale Größe einer PV-Anlage irgendwo zwischen den Extremen – und genau das macht die Planung so anspruchsvoll wie entscheidend.
Warum falsch dimensionierte PV-Anlagen teuer sind
Zu kleine Anlagen werden dem Potenzial des Gebäudes nicht gerecht. Der Eigenverbrauch bleibt niedrig, die Chance auf dauerhafte Entlastung der Betriebskosten wird vertan. Zu große Anlagen hingegen führen zu einem überproportional hohen Anteil an eingespeistem Strom – mit deutlich geringeren Erlösen als beim Eigenverbrauch.
Der wirtschaftliche Sweet Spot liegt dort, wo möglichst viel des erzeugten Stroms direkt im Gebäude genutzt wird – ohne große Speicher oder teure Einspeiseverträge. Und dieser Punkt ist für jedes Gebäude anders: abhängig vom Verbrauchsprofil, von der Tages- und Jahresnutzung, von der technischen Ausstattung und – nicht zuletzt – von der Strategie des Eigentümers.
Wer eine pauschale Lösung für alle Gebäude im Portfolio sucht, wird zwangsläufig danebenliegen. Wer hingegen den Aufwand nicht scheut, individuell zu analysieren, erzielt stabile Einsparungen, kürzere Amortisationszeiten und eine realistische Basis für weitere Maßnahmen wie Mieterstrom, Wärmepumpe oder E-Mobilität.
Die drei Stellschrauben der Dimensionierung
Dachfläche allein ist kein sinnvolles Kriterium für die Größe einer PV-Anlage – auch wenn sie in vielen Projekten als erste Referenzgröße herangezogen wird. Entscheidend sind drei andere Faktoren:
Das Lastprofil: Wie verteilt sich der Stromverbrauch über den Tag? Gibt es kontinuierlichen Grundverbrauch oder Lastspitzen? Wie stark unterscheidet sich der Verbrauch an Werktagen, Wochenenden oder saisonal?
Die Eigenverbrauchsquote: Welcher Anteil des erzeugten Stroms kann realistisch direkt im Gebäude verbraucht werden? Zielgröße ist eine Eigenverbrauchsquote von mindestens 60 % – alles darunter gefährdet die Wirtschaftlichkeit.
Die Einspeisevergütung: Je höher der Netzstrompreis und je niedriger die Einspeisevergütung, desto wichtiger ist es, die Anlage so zu dimensionieren, dass Einspeisung nur ergänzend, nicht dominierend stattfindet.
Wer diese drei Variablen in Beziehung zueinander setzt, erkennt schnell: Eine kleinere, exakt abgestimmte Anlage ist oft rentabler als ein überdimensioniertes System, das vor allem ins Netz einspeist.
Tools, Daten und Realität: Wie man eine PV-Anlage heute plant
Moderne Planungstools und Lastprofilanalysen liefern heute binnen weniger Stunden valide Einschätzungen zum realistischen PV-Potenzial eines Gebäudes. Entscheidende Quellen sind: Verbrauchsdaten aus dem Energiemanagement, Abrechnungsdaten, Datenlogger oder smarte Zähler.
Hinzu kommen gebäudespezifische Aspekte wie Neigung, Ausrichtung, Verschattung und Dachlastreserven. All diese Daten fließen in die sogenannte Simulation ein – das digitale Abbild einer geplanten Anlage mit realitätsnaher Ertragserwartung.
Viele Unternehmen scheuen diesen Schritt, weil sie ihn für aufwendig oder teuer halten. Dabei ist es genau umgekehrt: Wer auf die Simulation verzichtet, zahlt mit hoher Wahrscheinlichkeit später drauf. Sei es durch überdimensionierte Anlagen, ungenutzte Leistung oder unerwartete bauliche Hürden.
Speicher, Mieterstrom und Flächenteilung: Erweiterte Strategien
Oft stellt sich im Planungsprozess heraus: Die ideale PV-Anlage wäre kleiner als die verfügbare Dachfläche. Die Frage lautet dann: Was tun mit der übrigen Fläche?
Drei Optionen bieten sich an:
Erstens, Speicherlösungen, um überschüssigen Strom zeitversetzt zu nutzen – etwa für Hausstrom oder Wärmepumpenbetrieb in den Abendstunden. Zweitens, Mieterstrommodelle, bei denen der überschüssige Strom direkt an Bewohner oder Gewerbemieter verkauft wird. Drittens, Flächenteilung, bei der verschiedene Anlagen mit unterschiedlichen Betreibern (z. B. Contracting) installiert werden.
Wichtig ist: Keine dieser Optionen sollte als Standardlösung gelten. Ihre Wirtschaftlichkeit hängt stark vom Einzelfall ab – und davon, wie professionell das Modell umgesetzt wird. Besonders Mieterstrom birgt viele Chancen, ist aber auch mit organisatorischem Aufwand verbunden. Deshalb ist die klare Empfehlung: Erst die Basisanlage dimensionieren – dann optional erweitern.
Fehler, die Immobilienunternehmen vermeiden sollten
Zu oft wird die Planung einer PV-Anlage als technisches Projekt delegiert – an Bauleiter, Elektriker oder Generalunternehmer. Doch das greift zu kurz. Denn die strategische Auslegung der Stromproduktion gehört in die Unternehmensführung: Sie beeinflusst Kapitalbindung, Bilanzkennzahlen, ESG-Ziele und langfristige Sanierungsstrategien.
Ein häufiger Fehler: Es wird isoliert gedacht – ohne Blick auf die übrigen Verbrauchsquellen im Gebäude. Dabei sollte jede PV-Planung mit einer energetischen Gesamtanalyse beginnen: Wie entwickelt sich der Strombedarf in den nächsten zehn Jahren? Welche weiteren elektrischen Verbraucher (Wärmepumpe, Ladepunkte) kommen hinzu? Welche Einsparmaßnahmen beeinflussen den Bedarf?
Wer all das ignoriert, bekommt zwar eine funktionierende PV-Anlage – aber eben nicht die beste Lösung für das eigene Portfolio.
Photovoltaik als Teil der Gesamtstrategie
Die Energiewende im Gebäudesektor wird nicht durch Technik gelöst, sondern durch Strategie. Wer PV-Anlagen heute richtig plant, schafft nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern positioniert sich auch regulatorisch und kommunikativ auf der sicheren Seite.
Gerade für Wohnungsgenossenschaften mit begrenzten Ressourcen, für gewerbliche Bestandshalter mit ESG-Pflichten oder für Projektentwickler, die Gebäude langfristig im Bestand halten, gilt: Die PV-Anlage darf nicht nach der Dachfläche geplant werden – sondern nach dem Bedarf, den Zielen und dem Investitionsrahmen.
Wer das beherzigt, wird mit stabilen Stromkosten, attraktiven Förderbedingungen und verbesserter Klimabilanz belohnt – und kann die PV-Anlage auch gegenüber Mietern, Investoren und Aufsichtsbehörden als echten Fortschritt kommunizieren.
Fazit: Gute Planung schlägt große Anlage
Es klingt paradox, aber es ist eine der wichtigsten Erkenntnisse für die Photovoltaik im Immobilienkontext: Nicht die größte Anlage ist die beste – sondern die am besten geplante.
Wer sich die Mühe macht, Lastprofile zu analysieren, reale Eigenverbrauchsquoten zu berechnen und technische Möglichkeiten mit wirtschaftlichen Grenzen abzugleichen, spart nicht nur Geld, sondern verhindert spätere Korrekturen.
PV ist ein Werkzeug. Richtig eingesetzt, ist es ein kraftvoller Hebel für Dekarbonisierung, Kostensenkung und ESG-Erfüllung. Falsch eingesetzt, ist es eine schöne Investition ohne Effekt.
Termin im Kalender für Strategiecall buchen – und gemeinsam prüfen, wie Ihre nächste PV-Anlage zur besten Investition des Jahres wird.